tip Berlin Magazin

Artikel von Hans Joachim Wacker (Qpferdach) anlässlich der Ausstellung
Lody Mewa „Zeichen in Blau" in der Galerie Pommersfelde
Knesebeckstr. 97, 10623 Berlin-Charlottenburg,

AUGEN GYMNASTIK

Die Galerie Pommersfelde stellt mit Lody Mewa eine Malerin aus, die auf die Kraft einer einzigen Farbe setzt - Zeichen in Blau

Wenn man die Künstlerin in ihrem Atelier besucht, kann man noch am besten nachvollziehen, woher ihre Kompositionen kommen. Die dicken, geschwungenen Pinselstriche, die allerdings mit einem groben Tupfer auf Leinwand oder Papier gebracht werden, sie lassen sich dort leichter in Zusammenhang bringen mit ihren Zeichnungen.
Der menschliche Körper in seinem vielfältigen Bewegungspotential ist immer wieder Thema ihrer Zeichnungen gewesen, die Spannungen von angespannten und gestreckten Gliedmaßen, die Kombinationen, die sich aus Arm- und Beinbewegungen ergeben. Einzelne Körperteile ließen sich in den zunehmend abstrakten Bildern von Lody Mewa immer noch verifizieren.
Aber auch wenn man ohne Vorwissen auf ihre Bilder schaut, verläßt einen nach kurzer Zeit der Analyse das Bedürfnis, diesen Strich als Schulterblatt, jenen als Oberschenkel auszumachen. Schließlich findet sich der Reiz ihrer Bilder in dem kompositorischen Gefüge wieder. Das ist dann kein Fragezeichen mehr in einem Undefinierten Raum und auch kein Ausrufezeichen. Hier schwebt eine Idee einer Bewegung im Raum. Hier kann man nur noch versuchen, nachzuvollziehen, wie sich ein dreidimensionaler Bewegungsablauf in der zweiten Dimension wiedergeben läßt.

Die Tiefe, in die Lody Mewa blicken läßt, ist der unkontrollierbaren Vielfältigkeit der Farbe Blau geschuldet. Die in ihren Mischtönen vom Weiß bis ins Schwarze reicht. Man blickt auf eine Fläche, und ein Raum eröffnet sich, beginnt mit einer Silhouette zu tanzen.
Die Unwirklichkeit ihrer Bilder entspricht derjenigen eines blauen Himmels, in dem mansich in Wolkenformationen verlieren kann, genauso wie der Wirklichkeit eines klaren, blauen Meeres, in das man nicht eintauchen, aber in das man sich hineinträumen kann. Doch nie werden diese Arbeiten auch nur im entferntesten kitschig. Die Reduktion ihrer Farbpalette ist eher beruhigend in Zeiten, wo alles bunt, grell und öfter auch geschmacklos ist. Hier gönnt einem eine Künstlerin die Ruhe, die nötig ist, um in ein Bild zu sehen. Hier kann man zwar rätseln, warum ihre Bilder Titel tragen wie „Neuntel Sekunde 2", aber die Schnelligkeit, die ihre Bilder vorgeben, der Wimpernschlag, der nötig ist, um ein Bild zu schießen, steht im genauen Gegensatz zu der Zeit, die einem geschenkt wird in der Entwicklung.
So ist es fast ein meditativer Vorgang, wenn man von diesen Bildern in Beschlag genommen wird. Sie sind einfach nicht zu konsumieren wie ein Schluck Wasser oder ein Atemzug. Wenn man bewußt trinkt oder atmet, beginnt man zu schmecken oder zu riechen.

Bei Lody Mewas „Zeichen in Blau" beginnt man wieder zu sehen und ertrinkt nicht in einer Bilderflut, die die Augen zwar bis zur Erschöpfung reizt, in der man aber meist bewußtlos versinkt.

Qpferdach